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Beliebter Wiesenhausener Wirt räumt bei Schlitten-WM in Gestrüppstadt ab

Als er die Bestzeit gefahren war, riss er die Arme in die Luft und sprang gefühlte drei Meter in die Höhe. Die 4500 Fans in Gestrüppstadt jubelten ihm frenetisch zu. Als er dann auch noch den Rekord für den weitesten Schanzenflug pulverisierte, kannte die Freude keine Grenzen mehr. Er rannte an die Pistenseite, wo Marko Maszliškuš mit weit aufgerissenen Augen auf ihn zurannte und ihn herzte. Thomas Rensing, bekannt und beliebt als Wirt aus dem „Big Ben um die Ecke“, der Kultkneipe in Wiesen-Zentrum, hatte soeben Geschichte geschrieben. Er gewann nicht nur den Silberschlitten für den Einzelsieg, sondern auch die Silberne Schanze für den weitesten Flug über die berühmte Schanze im unteren Drittel der Abfahrt. Das hatte bisher nur Mirco Magiaro 1814 geschafft. Außerdem stellte er einen neuen Rekord für den weitesten Flug auf. Er flog 4,52 Meter weit und damit vier Zentimeter weiter als Steffen Winter bei der legendären Ausgabe von 1810. Der Silberne Doppelschlitten ging an ein Duo aus Brückenreich. Der frühere AC Phoenix-Stürmer und heutige FVM-Präsident Edward Elch siegte mit seinem Nachbarn Waldemar Waldkauz durch einen Sieg in der Jury-Wertung. In der harten Disziplin der Zeit landeten sie auf dem dritten Platz.

„Wir hätten die WM wohl besser im Januar ausgetragen“, eröffnete Moderator Johannes-Karl Lange die inzwischen zehnte Wiesenhausener Schlitten-WM. Dieser Satz war den Wetterbedingungen geschuldet. Dem schnee- und eisreichen Januar folgte ein eher milder und regnerischer Februar, die schneebedeckten Tannen und Fichten im Hintergrund waren diesmal nicht zu sehen. Jedoch konnte man im Januar bereits genug Eisminen ernten, die aus dem Nachbarstadtteil Molchendorf unter die Piste positioniert wurden, um den Schnee dort zu konservieren. Der Plan ging auf und die Schneebedingungen waren bei Start am 9. Februar nicht optimal, aber gut genug. Dieses Jahr war neben Lange wieder Rudi Rabe zu sehen, der den erkrankten Oswald Octopus vertrat. Das schlagfertige Comedy-Sprachrohr beeindruckte nicht nur mit seinem bekannten Witz und Charme, sondern auch mit inhaltlich guten Analysen zum Geschehen auf der Piste. Neben einigen berühmten Persönlichkeiten ließ es sich auch die breite Bevölkerung wieder nicht nehmen, am Kultturnier teilzunehmen. Nach der Vorausscheidung im Dezember gab es nun noch 32 Einzelteilnehmer und 24 Doppelteilnehmer. Der erste Tag war direkt leider von einigen Verletzungen überschattet. Gleich im dritten Einzel zog sich die Molchendorferin Agnes Alpenmolch beim Aufprall nach der Schanze einen Außenbandriss zu, wenig später verlor ausgerechnet der vormalige Weitflugsieger Steffen Winter die Kontrolle über seinen Schlitten und krachte in eine Bande. Dabei zog er sich Prellungen an Brust und Armen zu. Der anwesende Gesundheitsdromorniss Dr. Thomas Schäffke schloss nicht aus, dass er für ein paar Tage ein Korsett tragen müsste. Diese Steilvorlage ließ sich Rudi Rabe nicht entgehen und kommentierte schnell: „Demnächst in ihrem Travestie-Theater um die Ecke: Der Entwicklungsdromorniss und Manager vom AC Phoenix!“ Wer schließlich den Schaden hatte, brauchte bei Rabe für den Spott nicht zu sorgen. So erging es auch dem VCS-Politiker Johann von Gauttersberg, dessen Ritt bei der Schanze spektakulär zu Ende ging, als er vom Schlitten fiel und mit dem Gesicht voran weiterrutschte. Ins Ziel gelangte er so jedoch nicht, allerdings jubelten ihm die Massen dennoch zu. Rudi Rabe, der in seinen Programmen bezüglich von Gauttersberg und dessen leicht verhärmten Gesichtszügen des Öfteren von „Gesichtsgulasch“ gesprochen hatte, korrigierte dies umgehend: „Nun muss ich korrekterweise von Gesichtsmortadella sprechen“. Ein besonderes Highlight war in diesem Jahr noch ein Spezialwettbewerb für die Teilnehmer am Ende des Tages. Eine Schneeballschlacht auf der Piste zwischen allen Teilnehmern des Tages wurde ausgetragen und derjenige, der die häufigsten Gesichter traf, gewann. Am letzten Tag fand unter den Tagessiegern noch eine Schneeballschlacht statt, um einen Gesamtsieger zu ermitteln. Dies wurde Gerlinde Fuchs-Gans, die am dritten Tag gleich sieben Gesichter traf und im Finale dann nochmal vier. Weltklasse.

Am zweiten und am fünften Tag gab es die berühmte Wiesenhausener Höllenfahrt. Mit zwei aneinander gebundenen Schlitten rasten die Waghalsigen den Abhang hinunter, angefeuert vom Publikum und bei – zumindest am zweiten Tag – dichtem Schneegestöber. Die Tatsache, dass er herabfallende Schnee sehr nass und schwer war, vergrößerte das Spektakel noch durch zusätzliche Glätte der Piste. Besonders kurios war der mehrfache Ausruf des Duos Michael und Maria Marder, die beide genüsslich am Currywurststand – natürlich betrieben vom Kiosk von Nationaltrainer Dagobert Georgie – ihren Einsatz verpassten und schließlich kurzerhand die Currywurst mit auf die Schlitten nahmen. Dies sorgte dann indirekt sogar für den Triumph von Edward Elch und Waldemar Waldkauz. Waldkauz, im hinteren Schlitten, versuchte während der Abfahrt ein Stück Wurst von der Piste zu greifen und geriet dabei aus dem Gleichgewicht. Kurz vor der Schanze und dem vorgelagerten Anstieg verlangsamte der FVM-Präsident und Waldkauz, noch deutlich schneller, flog nicht nur von seinem Schlitten, sondern auch über Elch hinweg. Dennoch konnte er an den Kufen von Elchs Schlitten beim Aufprall erneuten Halt finden, riss ihn dabei jedoch um. Elch fiel vom Schlitten und wurde nur noch vom Seil zwischen den Schlitten am Fuß mitgezogen. So kamen beide dann doch noch ins Ziel. Die Jury war begeistert und sprach dem Brückenreicher Duett vollkommen zurecht den Sieg zu. Die schnellste Abfahrt fand dagegen am fünften Tag statt. Die beiden Hogwarts-Lehrer und BEFIMisten Minerva McGonagall und Severus Snape kamen in rasanter Geschwindigkeit im Ziel an, jedoch gab es keinerlei Anwandlungen einer Höllenfahrt. Beide fuhren schnurgerade nach unten und schauten sich danach ungläubig an. „Wir hatten uns eigentlich auf viele blaue Flecken und ein paar krankheitsbedingte Abwesenheitstage gefreut. Das ist jetzt schon enttäuschend“, sagte Snape danach verwirrt.

Eine kleine komödiantische Einlage konnte sich Rudi Rabe im Laufe des Turniers dann aber doch nicht verkneifen. Am vierten Tag war er plötzlich nicht wie gewohnt am Moderatorenpult zu sehen und wenige Minuten später wurde auch klar, weshalb. Er tauchte unvermittelt als Kuhhirte verkleidet auf und trieb tatsächlich eine Meute Rindvieh über die Piste. Dabei krakeelte er durch ein Megafon nicht nur „holladihiti“, sondern auch einige Sprüche wie „lasst uns durch, die Ewaldine muss in die Wurst“ oder „die Marder haben Heiner gegessen und auf die Piste geworfen“. Johannes-Karl Lange kommentierte diese Einlage wie folgt: „Falls Ihnen bei unserer Übertragung bisher das intellektuelle Niveau gefehlt hat, dann sind Sie spätestens jetzt zu dumm geworden, um danach zu suchen.“

Natürlich schlug dann aber die große Stunde des Thomas Rensing. Zunächst hatte Victor Hugenay vorn gelegen, der bei dessen erster Teilnahme die Schlitten-WM gleich mit seiner Paradedisziplin Kugelbahnen verglich: „Es ist etwas halsbrecherischer als Kugelbahnen, aber man spürt den gleichen Kick und Adrenalinschub, wie wenn auf der Kugelbahn der Startschuss ertönt“, so der ehemalige Böse. Lange lag er auf dem ersten Platz, doch der Wirt vom „Big Ben um die Ecke“ pulverisierte diese Position komplett. In 11,47 Sekunden schoss er den Hang hinab und verfehlte damit den Allzeitrekord von Michael Mausschmidt aus 1816 (11,20 Sekunden) nur sehr knapp. Den Rekord für den weitesten Schanzenflug stellte er jedoch trotzdem auf. 4,52 Meter! Zunächst wurde auf der Leinwand die gefahrene Zeit durchgegeben, was im weiten Rund bereits großen Jubel auslöste und Rensing bereits ungläubig erstarren ließ. Als dann die geflogene Strecke eingeblendet wurde, brachen bei den Zuschauern und ihm dann alle Dämme. Jubelnd lagen sich er und Marko Maszliškuš in den Armen. Im Interview mit Johannes-Karl Lange gab er bereits voller Übermut die Ankündigung ab, bei einem Sieg werde er eine Woche lang Freigetränke im Big Ben ausschenken. Als dann der Triumph immer wahrscheinlicher wurde, sah man ihm auf der Tribüne die steigende Nervosität an. Bei Feststehen des Siegs freute er sich zwar sichtlich, allerdings waren ihm die Konsequenzen seiner Ankündigung nun klar geworden. Dagobert Duck schritt jedoch sofort ein und verkündete, er werde ihm die Getränkelieferung für diesen Zeitraum zu einem Sonderpreis überlassen. So konnte sich der AC-Phoenix-Präsident erneut als großer Mäzen präsentieren. Bei der Siegerehrung überreichte ausgerechnet Mirco Magiaro die Trophäen. Jener Magiaro, der bisher der einzige Teilnehmer gewesen war, der sowohl den Einzelsieg als auch die Silberne Schanze abräumen konnte.

So ging ein erneut im Stile eines Volksfests ausgerichtetes Turnier zu Ende. Mal wieder spielte das Wetter einige Streiche, die jedoch wie immer gekonnt umgangen wurden. Ob das Turnier bei der nächsten Ausgabe 1826 dann bereits im Januar stattfindet, ist durchaus möglich. Schirmherr Johannes von Daunenfels sprach bereits davon, man könnte es wunderbar mit der alljährlichen Eisernte in Molchendorf kombinieren. Es verspricht jedenfalls, spannend und attraktiv zu bleiben. Erneut konnte Wiesenhausen damit kultige Eigenwerbung betreiben. Nicht nur Einheimische genossen das bunte Treiben auf der Piste und den Rängen, sondern auch viele Ausländer waren teilweise von weit hergekommen, um sich das Spektakel einmal aus der Nähe anzuschauen. So kann man mit den Abschiedsworten von Rudi Rabe auch diesen Bericht abschließen: „Der Vorhang zu und alle Fragen offen.“

Schlitten-WM 1824:

Einzelsieger: Thomas Rensing (11,47 Sek.)
Sieger „Höllenfahrt“: Edward Elch und Waldemar Waldkauz (18,43 Sek.; 1,9)
Weitester Schanzenflug: Thomas Rensing (4,52m)