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Meadowhousische Finanzmärkte legen Schwächen der Steuerreform offen

Die meadowhousischen Finanzmärkte sind kein großer Fan der Unternehmenssteuerreform aus dem vorherigen Jahr. Es bleibt auch rund ein Jahr nach Ankündigung der grün-grauen Regierung dabei. Mittlerweile zeigen sich am TROPO die ersten Auswirkungen, die aus verschiedenen Gründen Anlass zur Sorge bereiten.

Schon zu Beginn war die Kritik aus Frankenthal laut gewesen. Besonders die Einführung der Kapitalvermögensteuer stieß auf harten Widerstand, die Herabsetzung der Kapitalertragsteuer von 32 % auf 28 % für Erträge unter 5 Millionen Tropale wurde als Symbolpolitik abgetan. Damals waren allerdings keine sofortigen Reaktionen der Börse in Form von Kursverlusten oder verändertem Anlegerverhalten zu beobachten, einstweilen haben diese jedoch eingesetzt. Insbesondere bei Banken und Versicherungsgesellschaften lassen sich Tendenzen in der Bilanzpolitik erkennen, die in Anbetracht der letzten Finanzkrise doch einige Sorgenfalten auf die Stirnen der Wirtschafts- und Finanzexperten in Meadowhouse treiben können. Fast ausnahmslos werden die nach 1818 erhöhten Eigenkapitalvolumen der Finanzinstitute wieder abgebaut, um die Ausgaben durch die zum 1. Januar 1825 eintretende Kapitalvermögensteuer zu mindern. Dies macht die Häuser weniger widerstandsfähig gegen mögliche Krisen und Kursstürze, besonders bei der Absicherung von risikobehafteten Krediten, die in Zeiten von Wirtschaftsaufschwung und zu erwartenden Veränderungen der Weltwirtschaft florieren. Zudem kann man als Ausgleich der verringerten Eigenkapitalposten eine zunehmende Flutung von ausländischem Kapital in der meadowhousischen Finanzwelt beobachten. Die Bedeutung von Fremdkapital und insbesondere ausländischem Fremdkapital nimmt somit zu und läuft konträr zu den Intentionen der eher protektionistisch ausgerichteten Finanz- und Wirtschaftspolitik der Regierung Schwalbenschwanz. Die ebenfalls ab 1825 greifende Regelung von besonderen Auflagen bei einer mindestens 50%-Beteiligung ausländischen Kapitals in meadowhousischen Unternehmen könnte hier noch mehr Einfluss bekommen, als sich dies im Vorhinein vorgestellt wurde.

Im letzten Quartal sackte der TROPO um 6,4 Prozentpunkte ab und rutschte damit wieder unter die konstant seit 1823 gehaltene 10 000-Punkte-Marke. Das wird in Frankenthal nur relativ lakonisch kommentiert. „Eigentlich ist diese Tendenz schon seit Monaten erkennbar, nun wird sie erstmals auch der Öffentlichkeit zuteil“, sagte VMS-Bank-Chef Fabian Rosch auf der Aktionärsversammlung Ende Juli. Auch TROPO-Chef Valentin Nuhrhoff hat mit diesen Entwicklungen gerechnet: „Seit der Reform haben die Finanzhäuser bei uns genau über diese Maßnahmen debattiert und der Reichsregierung ist dies mithin bekannt. Von daher wäre ich sehr irritiert, wenn der Kanzler und der Finanzminister diese Konsequenzen nicht billigend in Kauf genommen haben.“ Auf derzeitigen Versammlungen der Banken und weiteren Finanzinstitute werden die Anleger auf die Herausforderungen der nächsten Jahre bereits eingeschworen. Für eine Absicherung für den Krisenfall streben die meisten Häuser aktuell eine Streuung der Investitionen in verschiedene Formen des Kreditausfallkompensats an. Eine zentrale Rolle dabei scheinen sogenannte Kreditausfallaustausche zu spielen, eine Form des Risikotransfers, die eine Alternative für die in der Finanzkrise 1817/1818 oftmals unzureichenden Kreditversicherungen darstellen sollen. Wie verlässlich diese sind, ist bisher aber oft nur in der Theorie nachgewiesen. Finanzminister Heinrich Hubmaier wird dafür vor allem aus dem Titanien-Center scharf kritisiert: „Wir sehen derzeit eine Ahnungslosigkeit im Saal der Gespenster über die Entwicklungen auf den Finanzmärkten, wie sie selten existiert hat“, wetterte etwa HVG Holding-Chefin Tanja Gundelbach. Man wolle die Regierung für Schieflagen verantwortlich halten: „Wenn eine Krise abgewendet werden kann, ist dies einzig und allein der Kompetenz der Finanzwirtschaft zu verdanken.“ Ähnlich sieht es Mendel & Stern-Boss Richard Fulder: „Diese Steuerreform zwingt uns, in die Vergangenheit zurück zu gehen. Und das mit bekannten Risiken, die wir eigentlich nicht mehr eingehen wollten. Und das ist einzig und allein die Schuld der Politik, die von einer linken Ideologie scheinbar verblendet ist.“ Ob die harschen Worte inhaltlich auch in der Schärfe ihre Berechtigung haben, darf getrost angezweifelt werden, die Grundsätzlichkeit der Kritik kann jedoch schwerlich in Abrede gestellt werden.

Die Kapitalvermögensteuer von 7,5 % soll ab 1825 rund 1,5 Billionen Tropale in die Staatskasse spülen und ein Gleichgewicht der Besteuerungspraktiken zwischen aktiven und passiven Einkünften herstellen. Als Ausgleich für die Belastung wurde die Kapitalertragsteuer von 32 % auf 28 % abgesenkt, allerdings nur für Kapitalerträge unter 5 Millionen Tropale. Die meisten Unternehmen am TROPO werden von dieser Entlastung also nicht profitieren und zusätzlich belastet. Die (legalen) Steuervermeidungstaktiken treten nun erstmals offensichtlich zutage, da rund ein halbes Jahr vor Einführung die Weichen durch entsprechende Rechtssicherheit, die nach dem 1. Juni besteht, gestellt werden können. Es ist unklar, welche Auswirkungen dies kurz- und langfristig haben wird, die Risiken an den Finanzmärkten dürften jedoch wieder steigen und könnten zu einem Standortnachteil Meadowhouse‘ führen. Die Anleger am TROPO reagieren jedenfalls bereits auf die Aktivitäten der Finanzinstitute. Dort zogen viele Aktionäre ihr Geld bereits von reinen Finanzhäusern ab und sorgten für einen Zufluss an Liquidität für die Industrieunternehmen am TROPO. Dies scheint von der Politik auch durchaus beabsichtigt zu sein. Bereits 1822 sagte Hubmaier, dass sich die meadowhousische Industrie als weitaus verlässlicher als die Finanzbranche erwiesen habe und dementsprechend als Fundament der meadowhousischen Wirtschaft gestärkt werden müsse. So lassen sich auch die komplett gegenteiligen Einschätzungen der Steuerreform aus jener Wirtschaftswelt deuten, die die Maßnahmen deutlich loben. Da der Großteil des Kapitals jedoch in der Finanzbranche bewegt wird, sind die einsetzenden Verluste der Börse nur logisch. Das Verhalten der Anleger legt allerdings die Gefahr einer nicht mehr kontrollierbaren Kettenreaktion offen. Die betroffenen Banken und Versicherungen scheinen einstweilen noch auf diese Entwicklungen vorbereitet zu sein.

Doch ist der TROPO bei weitem nicht der einzige Finanzmarkt auf der Lieben Welt, der derzeit leidet. Auch in Atlantis, Paradies oder Mittelland sackten die Kurse zuletzt ab. Die Gründe dafür liegen oft in nationalen Begebenheiten, die sich mit den internationalen Entwicklungen multiplizieren. Die Gefahr einer weiteren Wirtschaftskrise sehen Experten aber als gering an. „Die Reserven der Unternehmen sind aktuell noch sehr stabil. Zudem liegen die Auswirkungen oft in nationalen Wirkungskreisen, sodass einer weltweiten Kettenreaktion Einhalt geboten werden kann“, schätzt Prof. Ingo Lutz von der Universität San Laven ein. Er sehe jedoch ein anderes Problem aufkommen, was auch die Gestaltung einer Titanien-Union schlagartig verändern könne. „Wir sehen, wie Spekulanten vermehrt auf die Auf- bzw. Abwertung nationaler Währungen setzen. Das könnte die Pläne bei einer TU, die Staatswährungen nicht anzugehen, nachhaltig verändern.“ Konkret sehe er bei verstärkten Spekulationen sogar die Pflicht der beteiligten Länder, eine gemeinsame Währung einzuführen. Auch der Tropal war zuletzt immer wieder Spekulationen unterworfen, die zu einer Instabilität der Währung führten. Lutz vermutet, dass in einer Titanien-Union die Wetten an den Börsen sogar zunehmen werden: „Dann würde der Tropal endlos aufgewertet werden, während vor allem die südtitanischen Währungen gnadenlos abgewertet würden. In beiden Fällen hätte dies ungeahnte realwirtschaftliche Konsequenzen.“ Auch in anderen Ländern wird bereits vermehrt über die Einführung einer gemeinsamen Währung, zumindest für Finanztransaktionen, diskutiert. Auch Atlantis‘ Präsident Bremersen zeigte sich in einer Presseerklärung nicht mehr grundsätzlich verschlossen für eine solche Idee, mahnte jedoch an, dass dies den Prozess der Umsetzung extrem verlangsamen würde. In Meadowhouse steht man solchen Plänen jedoch entschieden ablehnend gegenüber und so bald dürfte sich daran auch nichts ändern. „Wir stehen für den Tropal, er ist ein Stück Meadowhouse“, sagte unlängst Wirtschaftsminister Lieber Lord Voldemort. Aber das letzte Wort in dieser Sache scheint definitiv noch nicht gesprochen. Auch nicht in Sachen Steuerreform.