Staaten erreichen historischen Durchbruch – Titanien-Union nimmt Formen an
Es war ein langes und zähes Ringen, welches sich in diesem Jahr in den diplomatischen Kreisen Titaniens abspielte: Seit Beginn des Jahres trafen sich Außenminister, Staatschefs und Angehörige diplomatischer Delegationen regelmäßig in unterschiedlichen bi- und trilateralen Gesprächen, um die seit Jahren bestehende Idee einer Titanien-Union zu konkretisieren und letztlich greifbarer zu machen. Mit dem nun zu Ende gegangenen Gipfel von insgesamt zehn Staaten in Rubinburgh scheint eine mögliche Union auf dem titanischen Kontinent nun näher als zuvor.
Doch zunächst zur Chronologie dieses turbulenten Jahres: Schon im Januar wurde durch verstärkte Kontakte, insbesondere zwischen Meadowhouse, Westparadies und Atlantis deutlich, dass die Idee einer Titanien-Union in 1825 maßgeblich vorangebracht werden sollte. Im Februar trafen sich die Staatschefs der drei Nationen, Ezechiel I., Westerholz und Bremersen dann erstmals trilateral, um explizit die Möglichkeiten und Grenzen einer solchen Union auszuloten. Dabei einigte man sich auch auf den Juni, wo in Rubinburgh eine Konferenz zur Harmonisierung der bestehenden Absichtserklärungen stattfinden sollte. Mit Fortschreiten des Jahres wurde dann im Mai bekannt, dass sich weitere Staaten interessiert daran zeigten, in den Prozess der Errichtung einer Titanien-Union eingebunden zu werden. Nur wenige Wochen vor der eigentlich geplanten Konferenz in Rubinburgh brachte dies den beabsichtigten Zeitplan dann gehörig durcheinander. Statt des ursprünglich geplanten Treffens in der meadowhousischen Stadt wurde nach langen Beratungen zwischen meadowhousischen, westparadiesischen und atlantischen Diplomaten entschieden, zunächst eine Konferenz auf Niveau der Außenminister stattfinden zu lassen, um nun im erweiterten Kreis das weitere Vorgehen zu eruieren. So kam es im Juni schließlich in Carason zum Treffen von Delegationen aus insgesamt zehn titanischen Staaten plus Angehörigen der Weltregierung, die ebenfalls über das weitere Fortschreiten der Titanien-Union informiert werden wollten. Für Meadowhouse war neben Außenminister Boerenberg (VCS) auch der langjährige Botschafter beim Weltbund und erfahrene Topdiplomat Bratapfel mit dabei, der auch mit der Planung der nun gerade zu Ende gegangenen Konferenz in Rubinburgh betraut wurde. In Carason wurden in langen Verhandlungen dann grundsätzliche erste Gemeinsamkeiten ausgelotet und Grenzen der Bereitschaft der Kooperation zwischen den Staaten ebenfalls deutlich gemacht. Am Ende wurde eine gemeinsame Absichtserklärung unterzeichnet, die nicht nur eine weitere Konferenz auf Ebene der Staatschefs im Oktober enthielt, sondern auch den Auftrag an die nationalen Regierungen, potentielle Hemmnisse einer vertieften Kooperation auf ihre Sinnhaftigkeit zu prüfen und, wenn möglich, abzumildern. In den darauffolgenden Monaten liefen hinter den Kulissen weitere Gespräche, die die Konturen einer Titanien-Union, oder zumindest eines Vorläufers, deutlicher machen sollten, ehe nun im Oktober die im Juni schon vereinbarte Konferenz in Rubinburgh stattfand.
Organisiert und geplant von Bert Bratapfel kamen auch hier die Delegationen der zehn titanischen Staaten zusammen, die bereits im Juni getagt hatten, diesmal jedoch jeweils unter Beteiligung der Regierungs- und Staatschefs. Für Meadowhouse nahm neben König Ezechiel I. auch Kanzler Schwalbenschwanz (BdH) teil, ebenso Außenminister Boerenberg, und Wirtschaftsminister Voldemort (BdH). Im Kaiserpalais von Rubinburgh nahe der historischen Kathedrale wurde über drei Tage hinweg eingehend über die Möglichkeiten diskutiert, eine politische Einigung zu erzielen. Neben den drei maßgeblich den Ton angebenden Staaten Meadowhouse, Westparadies und Atlantis anwesend waren auch Delegationen aus Fantasio, Mompracem, Masalia, Whale, Gallertland, Schneckland und Dagobinien sowie Innendromorniss Moleskar und Wirtschaftsdromorniss Fatra. Ein solches Format auf so hoher Ebene gab es zuletzt vor über dreißig Jahren, als über die Folgen des Großen Paradiesischen Krieges gesprochen wurde. Dementsprechend groß waren auch die Erwartungen an den Ausgang der Konferenz, die heute mit einer gemeinsamen Pressekonferenz von Schwalbenschwanz, Westerholz und Bremersen beendet wurde.
Die Ergebnisse, die die drei Regierungschefs präsentierten können mit Fug und Recht als historisch bezeichnet werden. So konnten die anwesenden Regierungsvertreter insbesondere in den Bereichen Handelsfreiheit, Personenfreizügigkeit, internationale Strafverfolgung und Kapitalverkehrsfreiheit entscheidende Durchbrüche erzielen. Reichskanzler Schwalbenschwanz sagte auf der Pressekonferenz: „Nach den langen und intensiven Verhandlungen haben wir nun Einigungen erzielt, die uns perspektivisch einer Titanien-Union deutlich näher bringen. Dies umfasst in allererster Linie die wirtschaftliche Kooperation zwischen den Unterzeichnerstaaten, also den Abbau von Handelshemmnissen, wie etwa Zöllen und Einfuhrbeschränkungen und eine Erhöhung des transnationalen Handelsvolumens. Es ist deutlich geworden, dass der verstärkte Handel zwischen den heute hier anwesenden Staaten unter dem Strich positiv für alle Unterzeichner sein wird. Als Zieljahr ist dabei 1828 genannt worden, sodass bis dahin alle bisher bestehenden bilateralen Handelsabkommen zu einer gemeinsamen Freihandelszone harmonisiert werden sollen.“ Westparadies‘ Präsident Westerholz fuhr fort: „Darüber hinaus haben wir konkrete Einigungen im Bereich der Personenfreizügigkeit erreicht, die den Bürgern der betreffenden Staaten das Ein- und Ausreisen aus den hier anwesenden Ländern in Zukunft deutlich vereinfachen soll. Mit dem Ziel, dies bereits 1827 einzuführen, werden die Grenzkontrollen an den Binnengrenzen zwischen den Staaten nach und nach eingestellt, wobei es Ausnahmen gibt, etwa an Flughäfen und Häfen. Damit verknüpft wird allerdings auch eine vertiefte Kooperation im Bereich der Strafverfolgung, die sich darin äußern wird, dass es anstatt der einzustellenden Grenzkontrollen kamerabasierte Überwachungsmechanismen geben wird, die das Ein- oder Ausreisen gesuchter Straftäter dokumentieren können. Außerdem soll die Kooperation zwischen den Sicherheitsbehörden und Geheimdiensten der betreffenden Staaten maßgeblich ausgebaut und durch die kombinierten Ressourcen damit verbessert werden.“ Atlantis‘ Staatschef Bremersen führte weiter aus: „Der letzte Bereich, in welchem wir eine grundsätzliche Einigung erzielen konnten, betrifft den Bereich des Kapitalmarkts. Mit dem Ziel 1827 sollen hier Transaktionen zwischen den Unterzeichnerstaaten keinerlei staatlichen Beschränkungen mehr unterliegen, die Investitionen im privaten Sektor hemmen können. Der Erwerb von Eigentum über die Staatsgrenzen hinweg, das Investieren in private Unternehmen und auch der Kauf von Unternehmensanleihen unabhängig von der Landeswährung soll damit ermöglicht werden. Ganz explizit nicht heißt dies jedoch, dass die jeweiligen nationalen Währungen damit zur Disposition stehen. Vielmehr geht es um eine schnellere und unkompliziertere Anerkennung von Investitionen und Transaktionen in Währungen der Unterzeichnerstaaten untereinander, die der Wirtschaft aller beteiligter Länder zugute kommen wird.“
Nach einer insgesamt einstündigen Pressekonferenz, bei denen die drei Regierungschefs auch weitere Fragen zu den anstehenden Änderungen und der Perspektive der Titanien-Union beantworteten, scheint klar: Die Titanien-Union nimmt langsam aber sicher Formen an und wird sich schon binnen der nächsten Jahre vermutlich merklich auf das Leben der Bürger in den betreffenden Staaten auswirken. Neben den bereits erläuterten Themen, bei denen es Einigungen gab, ist nun auch der vorläufige Organisationsrahmen der Union erst einmal klar: Die zehn Unterzeichnerstaaten wollen sich ab 1827 halbjährlich auf der Ebene der Staatschefs treffen, um weitere Schritte zur Errichtung der Titanien-Union zu koordinieren und fortzuführen. Eine wie auch immer geartete zentrale Behörde, die die Angelegenheiten der TU regelt, ist damit erst einmal vom Tisch und stieß auch auf Widerstand seitens der anwesenden Delegation aus dem Palaces Monda, aber auch der Standort einer solchen Zentralbehörde war ein strittiges Thema. So verbleibt die zentrale Gewalt zunächst in den Händen der Nationalstaaten, die mit den heute präsentierten Maßnahmen jedoch gewaltige Schritte in Richtung einer Liberalisierung untereinander unternommen haben.
Mit der nun sogar federführenden Teilnahme und Unterzeichnung der Verträge von Rubinburgh legt Meadowhouse gute fünf Jahre nach dem Abschlussbericht der Feldmaus-Kommission und der anschließenden Verfassungsänderung, die vertiefte transnationale Kooperationen erschwerte, eine 180-Wende hin. Diese hatte sich in den vergangenen Jahren, insbesondere nach der Amtsübernahme von König Ezechiel I. 1822 allerdings bereits angedeutet. Nach einem Gutachten des Meadowhousischen Verfassungsgerichtshofes von Anfang des Jahres, wonach die Verfassungsänderung aus dem Herbst 1820 gewisse Dinge zwar strikt verbietet, so etwa die Privatisierung von Infrastruktur, die Abschaffung des Tropals als Landeswährung oder die Schließung von Handelsabkommen entgegen bereits bestehender bilateraler Abkommen, gab es trotzdem grünes Licht des MVH für die Verhandlungen über die TU. Grund dafür war auch, dass die Fragen der Infrastruktur und der Währung zunächst nicht im Zentrum der Beratungen standen und dass die bisher bestehenden bilateralen Abkommen Meadowhouse‘ mit umliegenden Staaten im nun vorgesehenen Prozess der Harmonisierung nicht einfach abgeschafft werden, sondern mit den Abkommen anderer Staaten untereinander in Einklang gebracht werden sollen. Der MVH sah dabei die Möglichkeit der Einflussnahme der Meadowhousischen Regierung auf eine potentielle Freihandelszone als hinreichend groß an, sodass bereits existierende Bestimmungen auch Eingang in das handelspolitische Grundgerüst einer Titanien-Union finden könnten. Zu erwähnen ist dabei auch, dass Meadowhouse dabei nicht der einzige Staat ist, der derartige Bestimmungen berücksichtigen muss. Auch Länder wie Schneckland, Fantasio oder Whale haben teils strikte Regeln und bestehende Grundsätze, die nun in sicherlich langwierigen Prozessen aufeinander abgestimmt werden müssen.
Mit der erfolgten Einigung in Rubinburgh ist nun erstmals ein konkreter Zeitplan bekannt, an den sich die Unterzeichnerstaaten und potentiellen ersten Mitglieder einer Titanien-Union halten wollen. Wann die Titanien-Union als solche auch offiziell gegründet werden könnte, ist indes noch unklar und wird vermutlich erst nach Abschluss der in Rubinburgh erörterten Prozesse geschehen. Die von König Ezechiel I. einst formulierte Jahreszahl 1830 erscheint dabei nicht unrealistisch. Ob es dazu kommt, hängt jedoch von einer Vielzahl weiterer Faktoren ab, so etwa den Wahlen in den Unterzeichnerstaaten und der Frage, ob künftige Regierungen ebenso kooperationsfreudig sind wie die heutigen. So wird in 1826 in Atlantis gewählt, wobei Amtsinhaber Bremersens Wiederwahl Stand heute noch ungewiss ist. Eine Abwahl einer treibenden Kraft des potentiellen Bündnisses wäre sicherlich ein schwerer Schlag für die Bemühungen. Dennoch könnte eine einer TU kritischer gegenüberstehende Regierung die nun in Rubinburgh beschlossenen Vereinbarungen maximal verlangsamen, aber nicht widerrufen. Für Meadowhouse lässt sich indes festhalten, dass König Ezechiel I. es geschafft hat, innerhalb weniger Jahre führende Politiker fast aller Parteien, den Großteil der Wirtschaft und der Bevölkerung davon zu überzeugen, dass die Teilnahme an Gesprächen zur Bildung einer Union in Titanien der richtige Weg sei, anstatt strikten Isolationismus zu praktizieren. Nicht zuletzt seinetwegen fand der bisher wohl wichtigste Gipfel auf dem Weg zu einer Titanien-Union in Meadowhouse statt und Meadowhouse kann nun das Rahmenwerk einer solchen Union aus federführender Position mitgestalten, anstatt irgendwann von anderen Ländern geschaffene und damit sicherlich nachteiligere Regeln adaptieren zu müssen.
