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Kabinett beschließt Einrichtung des Reichsrates ab Anfang 1825

Es war eines der zentralen Projekte der 1822 formierten Regierungskoalition aus BdH und VCS: Die Schaffung einer zweiten legislativen Kammer auf Reichsebene. Bereits in der Vorgängerkoalition hatte es immer wieder Anläufe und Überlegungen zu einer solchen Kammer gegeben, die jedoch stets versandet waren. Nun scheint der Regierung ein Durchbruch gelungen zu sein und die bereits seit Mitte vergangenen Jahres laufenden Planungen zur Einrichtung einer solchen zweiten Kammer scheinen konkrete Formen anzunehmen. Demzufolge soll der Reichsrat, wie die zweite Kammer ganz offiziell heißen soll, ab Anfang 1825 seine Arbeit aufnehmen und an den Gesetzgebungsprozessen in Meadowhouse beteiligt sein.

Am Dienstag trat Reichskanzler Schwalbenschwanz nach der Osterpause vor die Presse, zusammen mit VCS-Chef Boerenberg, Innenministerin Ginsterkatze (BdH) und Justizminister von Gauttersberg (VCS), und verkündete die konkreten weiteren Planungen bezüglich der Errichtung des Reichrates. Nachdem die Regierungskoalition sich im vergangenen Sommer auf eine grundsätzliche Richtung bei dem Thema geeinigt hatte, gab es im Herbst eine Reihe von Expertenanhörungen im Innen- und im Justizausschuss des Parlaments. Dort wurden im Beisein von Fachleuten des Verfassungsrechts, der Föderalismustheorie und von Politikern der Herzog- und Kommunalebenen die potentiellen positiven und negativen Effekte sowie wichtige Eckpunkte für die Schaffung einer zweiten Kammer auf Reichsebene erörtert. Die Ergebnisse der Anhörungen wurden dann in den Parteien und im Kabinett über den Jahreswechsel hinweg diskutiert, ehe man sich Anfang diesen Jahres erstmals konkret an die Formulierung eines Gesetzesentwurfs machte. Dieser wurde in den vergangenen Wochen fertiggestellt und dem Kabinett präsentiert, welches ihn nun in den nächsten Wochen ins Parlament zur ersten Beratung einreichen möchte.

In seinem Pressestatement sagte Kanzler Schwalbenschwanz: „Dass dieses Projekt eines der Kernanliegen unserer Koalition war, brauche ich niemandem zu sagen. Es freut mich außerordentlich, dass wir nach intensiven und konzentrierten Beratungen bereits eineinhalb Jahre nach Beginn unserer Koalition einen handfesten Entwurf präsentieren können. Dieser Entwurf wird durch das Prozedere im Parlament sicherlich noch im ein oder anderen Detail abgeändert werden, doch sind wir zuversichtlich, dass der wesentliche Teil unangetastet bleiben wird.“ VCS-Chef Boerenberg ergänzte: „Zukünftig werden die Herzogtümer und Kommunen auf Reichsebene deutlich sichtbarer und hörbarer sein, sobald diese Kammer existiert. Unser nach wie vor sehr zentralistisch ausgerichteter Staat bekommt dadurch die Möglichkeit, etwas föderaler organisiert zu werden, indem die Mitspracherechte jeder Region im Königreich gestärkt werden. Der Reichsrat wird die Position der Herzogtümer in Wiesenhausen stärken und auch den Kommunen bei Bedarf eine direkte Verbindung ins politische Herz unseres Königreiches verschaffen.“ Für die Umsetzung sind in den nächsten Monaten nun maßgeblich das Innen- und das Justizressort verantwortlich, die den Gesetzgebungsprozess federführend leiten sollen und sich um die verwaltungstechnische und juristische Umsetzung des Gesetzes kümmern sollen, sobald dieser Parlament und König passiert hat. Geplant ist daher auch ein Inkrafttreten des Gesetzes und damit auch des Reichsrates zum Jahresbeginn 1825.

Doch nun zum Inhaltlichen des präsentierten Gesetzentwurfes. Demnach haben einige Punkte, die bereits im letzten Sommer als Bedingungen für eine solche zweite Kammer von den Koalitionären formuliert wurden, auch Eingang in den Entwurf gefunden. Der Reichsrat soll in einigen Gesetzgebungsbereichen, die die Belange der Herzogtümer und der Kommunen berühren, am Gesetzgebungsprozess beteiligt werden. Dabei soll der Reichsrat stets in derselben Woche zu einem betreffenden Gesetz tagen, in welcher dieses auch im Saal der Gespenster verabschiedet wurde. Insbesondere die VCS hatte darauf gedrängt, dass durch die Schaffung der Reichsrates keine übermäßigen Verzögerungen im Gesetzgebungsprozess entstehen. Nach einer Zustimmung im Reichsrat würde der Gesetzgebungsprozess so weiterlaufen wie bisher und der amtierende König würde nach eingehender Prüfung des Gesetzes mit seiner Unterschrift das Inkrafttreten signalisieren. Sollte ein Gesetz, welches im Parlament verabschiedet wurde, im Reichsrat nicht die erforderliche Zustimmung erhalten, würde das Gesetz in einen Moderationsausschuss übermittelt, in welchem zu gleichen Anteilen Mitglieder der Regierung und der Opposition sitzen und die Streitigkeiten versuchen würden, beizulegen. Sollte dies gelingen, würde eine erneute Abstimmung im Reichsrat in der Folgewoche passieren, falls nicht, würde das Gesetz ans Parlament zurück überwiesen. Vorsitzender dieses Moderationsausschusses wäre in diesen Fällen der noch zu wählende Präsident des Reichsrates.

Da es sich beim Reichsrat um eine Institution handeln würde, die insbesondere für die inneren Belange des Königreiches von Wichtigkeit wäre, sind auch die Gesetzgebungsbereiche, in denen der Reichsrat am Gesetzgebungsprozess beteiligt werden müsste, im Gesetzesentwurf der Koalition klar dahingehend umrissen. So würde der Reichsrat immer dann aktiv werden müssen, sobald Gesetze auf Reichsebene beschlossen werden sollten, die in die Bereiche Innen-, Finanz-, Wirtschafts (außer Außenhandel)-, Umwelt-, Bildungs-, Bau-, Verkehrs-, Landwirtschafts- und Post- und Telekommunikationspolitik fallen. In allen diesen Bereichen würde dann zukünftig der Erlass und die Verabschiedung eines Gesetzes von der Zustimmung des Reichsrates abhängen. Zentral auf Reichsebene geregelt bleiben somit die Verteidigungs-, Außen-, Familien-, Entwicklungs-, Arbeits-, Justiz- und Gesundheitspolitik. Die Einteilung der Politikbereiche, die von einer Zustimmung des Reichsrates abhängig sein würden, war Insiderkreisen zufolge zuletzt noch der größte Diskussionspunkt in der Regierungskoalition. Am Ende habe man sich jedoch auf diejenigen Politikbereiche geeinigt, in denen zuletzt immer wieder Kritik aus den Herzogtümern und Kommunen an die Regierung herangetragen worden war, da die niedrigeren politischen Ebenen zu wenig Mitspracherechte besitzen würden. Ein besonderer Zusatz im Gesetzesentwurf ist zudem die sogenannte Petitionsklausel. Demnach kann ein Verbund aus drei Kommunen mit Vorlage von mindestens 100.000 Unterschriften den Reichsrat künftig dazu bewegen, sich mit einem Thema auseinanderzusetzen, welches in der entsprechenden Petition geschildert wird. Die eingereichten Petitionen würden dabei zunächst vom künftigen Reichsratspräsidium geprüft und dann in der zweiten Kammer beraten. Eine solche Petitionsklausel ist bisher ein Novum auf Reichseben und soll vor allem auf Bestreben des BdH eingeführt worden sein, um mehr politische Bürgerbeteiligung zu ermöglichen.

Schließlich wird im Gesetzesentwurf auch etwas zur Zusammensetzung des Reichsrates geschrieben. Demnach soll der Rat aus insgesamt 30 Mitgliedern bestehen. Automatisch Mitglied sind die Herzöge der sechs Herzogtümer sowie ein weiteres Mitglied der jeweiligen Regierung im Herzogtum. Dieses muss jedoch nicht immer dasselbe sein und kann, je nach Politikbereich des diskutierten Gesetzes, wechseln. Sollte also ein Gesetz im Bereich Innenpolitik auf der Tagesordnung stehen, könnte der Innenminister eines Herzogtums anwesend sein, sollte in der folgenden Sitzung ein Gesetz im Bereich der Landwirtschaftspolitik verabschiedet werden, so könnte der Landwirtschaftsminister vom jeweiligen Herzog mit in den Reichsrat beordert werden. Zwei weitere Mitglieder müssen aus den Kommunen des jeweiligen Herzogtums stammen und dort ein gewähltes Amt hauptberuflich ausüben, etwa als Bürgermeister oder Landrat. Der fünfte Platz jedes Herzogtums ist für ehrenamtlich engagierte Politiker vorbehalten, die damit ebenfalls ein Mitspracherecht auf höchster Ebene erhalten. Vorstellbar sind hier etwa ehrenamtliche Bürgermeister, Stadtratsmitglieder oder Ortsvorsteher. Auf diese Weise sollen auch die kleineren Kommunen auf Reichsebene besser zur Geltung kommen und sich Gehör verschaffen. Der Vorsitz des Reichsrates ist wiederum den Herzögen vorbehalten und soll jährlich rotieren, sodass jedes Herzogtum regelmäßig die Präsidentschaft in der zweiten Kammer inne hat.

Nach der Vorstellung des Gesetzesentwurfs fiel das Echo darauf heute erwartbar geteilt aus, wobei die Linien nicht klar an den Parteigrenzen verliefen. Insbesondere aus den Herzogtümern kam fast einhellig Lob und Zustimmung zu den Plänen der Regierungskoalition. So sagte Preußens Herzog Georg Hebdal etwa: „Der heute vorgelegte Entwurf ist erstmals ein handfestes Papier, um durchzusetzen, wofür alle Herzogtümer, ganz gleich unter welcher Partei, schon seit vielen Jahren auf Reichseben kämpfen. Sollte dieser Entwurf im Großen und Ganzen so verabschiedet werden, wäre das ein großer Schritt hin zu einem ausgewogeneren Verhältnis zwischen Reichsebene und den darunter liegenden politischen Ebenen.“ Auch Santo Opalos Herzog Thomas Jäger (FED) sagte: „Endlich beschreiten wir einen Weg der Dezentralisierung unseres Landes. Natürlich bleibt Wiesenhausen als Dreh- und Angelpunkt erhalten, doch ist dieser Entwurf, sollte er geschriebenes Gesetz werden, eine große Chance für unser Land, alle Regionen, Städte und Gebiete gleichermaßen und ausgewogen an der politischen Gestaltung teilhaben zu lassen.“ Auch aus den Kommunen und Städten kamen vor allem positive Rückmeldungen. Anders war dies auf Reichsebene vonseiten der Opposition. Während sich FED und MP zurückhaltend äußerten und auf die anstehenden Beratungen im Parlament verwiesen, äußerte WVD-Chefin da Silva Kritik: „Durch die Schaffung einer weiteren legislativen Kammer erweitert die Regierungskoalition lediglich den Verwaltungsapparat. Das macht es am Ende für alle Bürger nur teurer und der Mehrwert, der sich aus dieser Kammer ergibt, wiegt die zusätzlichen Personal- und Zeitkosten aus unserer Sicht nicht auf.“ Auch MCM-Chef Knucker äußerte sich kritisch: „Seit über dreizehn Jahren fahren wir mit unserem bewährten Prozedere in der Gesetzgebung mehr als gut. Man hat hier den Eindruck, dass die Regierungskoalition sich entweder bei den Herzogtümern und Kommunen einschmeicheln möchte, oder aber Wandel um des Wandels Willen betreibt, also Änderungen in Bereichen, in denen es gar nicht notwendig ist, nur um Aktivität zu suggerieren.“

Insgesamt würde der Reichsrat, sollte der Gesetzesentwurf des Kabinetts in der jetzigen Form beschlossen werden, das Gesetzgebungsverfahren in Meadowhouse maßgeblich verändern. Strittig war zuletzt noch, ob das Gesetz im Zweifel mit einfacher oder mit Zwei-Drittel-Mehrheit beschlossen werden müsste, da es sich um einen fundamentalen Eingriff in ein Kernelement des Meadowhousischen Staates handelt. Nach der Anhörung der Experten Ende vergangenen Jahres wurde jedoch ersichtlich, dass eine einfache Mehrheit zum Inkrafttreten des Gesetzes zunächst reichen würde, aber eine Zwei-Drittel-Mehrheit zur Absicherung des Prozederes und zum Eintrag in die Meadowhousische Reichsverfassung nötig wäre. Angesprochen darauf erwiderte Kanzler Schwalbenschwanz heute, dass sich die Koalition erst einmal auf eine Abstimmung mit einfacher Mehrheit konzentrieren würde und bis zum Ende der Legislaturperiode dann ein Votum zur Erhebung des Reichsrates zum Verfassungsrang anstreben würde. Dies würde dann Ende 1825 oder 1826 der Fall sein. Grund sei, dass dann erste Bilanz gezogen werden könne, wie das Gesetzgebungsverfahren mit zweiter Kammer laufen würde und man sich erhoffe, dass auch die Opposition auf Reichsebene, die in vielen Herzogtümern mitregiere, dann von diesem Konstrukt überzeugt sei. Alles in allem bleibt somit immer noch einiges an Arbeit, was auf die Regierung bezüglich dieses wichtigen Projektes zukommen wird, doch ist mit der Vorlage des heutigen, ersten konkreten Entwurfes, ein entscheidender Schritt gelungen, der das politische Machtverhältnis zwischen Reichs-, Herzogtum- und Kommunalebene in Meadowhouse verändern und ausgleichen könnte.