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Schneckland vollendet das Märchen im eigenen Land – Fantasio abermals unterlegen

Welch ein denkwürdiges Finale spielte sich am Freitagabend in der Königsarena zu Schnecklich doch ab. Dass überhaupt der Gastgeber Schneckland dieses Spiel erreicht hatte, war bereits der größte Erfolg für diese Nation seit der Halbfinalteilnahme bei der WM 1806. Fantasio als Dauerfinalteilnehmer überraschte jedoch niemanden wirklich, auch dass sie nun mittlerweile das fünfte Endspiel in Folge verloren, ließ ebenfalls niemanden in erstaunter Andacht zurück. Alles war am Freitagabend angerichtet für die Wiederauflage des Finals von 1800, dem bis dahin einzigen Titel Schnecklands.

Damals hatte Schneckland in Julsavien im Elfmeterschießen triumphiert, als man dort noch ohne Bedenken eine Sportveranstaltung durchführen konnte. Diesmal war allerdings alles anders. Im eigenen Land legte Schneckland schon im ganzen Turnier eine unmöglich zu vorhersehende Renaissance hin. Angefangen vom berauschenden 3:0 im Eröffnungsspiel gegen Rekordtitanienmeister Atlantis, über überzeugend offensive Spiele gegen Transanien, Whale und Kalavien bis hin ins Endspiel war Schneckland gegenüber den Turnieren seit 1806 kaum wiederzuerkennen. Die Mannschaft, die für die letzte TM nicht mal die Qualifikation geschafft hatte, wurde von einer überschwänglichen Euphorie des ganzen Landes getragen. Die war es wohl letztendlich auch, die Schneckland bis zum Titel trug. Fantasios Lauf kam erst nach der Auftaktniederlage gegen Whale zustande, die Siege im Viertel- und Halbfinale gegen Transanien und Grünland waren sehr souverän. Natürlich waren sie auch der Favorit im Finale, trotz stimmgewaltiger Heimfans. Und dieser Rolle wurden sie trotz der ganzen verlorenen Finals im Gepäck zunächst gerecht. Eine sehr aktive Anfangsphase belohnte Phoenix-Stürmer Juan Antonio Salamanca mit einem mustergültigen Kopfball nach einer Viertelstunde zum 0:1. Zwar waren nur etwa 8000 Fantasianer mitgereist, doch waren in diesem Moment nur sie im weiten Rund der Königsarena zu hören. Schneckland zeigte sich beeindruckt, war auf eine sichere Defensive bemüht und fand sich weiteren fantasischen Attacken ausgesetzt. Marconato blieb der Unglücksrabe des fantasischen Turniers, seine Volleyabnahme parierte Schneccoretto weltklasse. Bis zur ersten richtigen Chance für den Gastgeber dauerte es beinahe eine halbe Stunde, doch Gewinnens Schuss zog knapp am Tor vorbei. Fantasio dominierte Ball und Gegner und spielte den Fußball, den man in den Finals seit 1816 von ihnen immer vermisst hatte. Zielstrebig, selbstbewusst und immer auf ein zweites Tor gehend. Schneckland wehrte sich tapfer, jede gelungene Abwehraktion wurde frenetisch vom Publikum gefeiert, doch fehlten ihnen bis zur Pause die offensiven Mittel, Fantasio auch selbst zu gefährden.

Nach der Pause stellte Schneckland jedoch auf mehr Offensive um, presste nun höher und versuchte, Fantasio noch in deren eigener Hälfte, den Ball abzujagen. Damit hatte der Titanienmeister von 1812 nun seine Mühe, war offensiv nicht mehr so aktiv und war eher damit beschäftigt, sein eigenes Tor zu verteidigen. Trainer Alfredo de la Triche reagierte und stellte seine Mannschaft defensiver ein. Schnecklands beste Chancen resultierten jeweils aus Standardsituationen, aus dem Spiel heraus verteidigte Fantasio sehr konzentriert und wirkte bereit für den ersehnten Finalsieg. Doch wurden sie auch immer passiver und konnten aufgrund der Kaderzusammenstellung nur noch bedingt auf die schneckländischen Umstellungen reagieren, besonders nicht auf die Einwechslung von Routinier Käpt’n Plansch. Dieser war von Trainer Schnikaél Schnekkodas nach 79 Minuten für den ausgelaugten Lasse Gewinnen gebracht worden und brachte damit zusätzliche Unordnung in die in der Schlussphase nun nervöser wirkende Mannschaft aus Fantasio. Und dann kam der Moment, in dem die Königsarena zum ersten Mal dem Zusammenbruch nahe war. Eine weite Flanke vom unermüdlichen Schneckthaler legte Schneckenberger ab auf den eingelaufenen Plansch, der den Ball nach kurzer Mitnahme per Brust alleine vor Lamenosa zum 1:1 verwandelte (85.). Nach 70 Minuten Rückstand war die Erlösung beim Jubel überall greifbar, die ganze Bank rannte aufs Feld und erdrückte den Torschützen in einer Jubeltraube beinahe. Fantasio wirkte konsterniert, aber fast so, als ob sie es heimlich erwartet hätten. De la Triche trieb sein Team noch einmal an und fast hätte es doch noch für den Sieg gereicht, aber Salamanca traf aus Abseitsposition (90.+2), die das meadowhousische Schiedsrichtergespann um Hubert Ullmen richtig erkannte. So hieß es zum überhaupt erst zweiten Mal bei dieser TM: Verlängerung.

Das Momentum lag bei Schneckland, die Atmosphäre brodelte und das Gefühl, den Gegner jetzt am Schlafittchen zu haben, war allenthalben spürbar. Die Wechsel beider Teams hatten nun vor allem körperliche Gründe, die warme Schnecklicher Nacht tat ihr übriges für die ohnehin schon in die Jahre gekommenen Spieler auf beiden Seiten. Man merkte nun auch, dass keine der beiden Mannschaften zu sehr ins Risiko gehen wollte, zu groß war der Respekt vor dem womöglich entscheidenden Gegenschlag des jeweils anderen Teams. Lediglich kurz vor und nach der Pause gab es Gelegenheiten, Schneckdrées Weitschuss parierte Lamenosa stark (103.) und Schnäkkinen klärte Punteras Kopfball auf der Linie für den geschlagenen Schneccoretto (108.). Geprägt wurde die Verlängerung vor allem von Krämpfen und Verletzungsunterbrechungen, die Anstrengungen waren beiden Teams jetzt augenscheinlich anzusehen. Und dann pfiff Hubert Ullmen auch die Verlängerung beim Stand von 1:1 ab. Das TM-Finale – es musste im Elfmeterschießen, in der Lotterie, entschieden werden.

Spätestens jetzt traten die psychologischen Unterschiede beider Mannschaften zutage. Fantasios Spieler waren gehemmt, wirkten unsicher, de la Triche brauchte fast zwei Minuten länger, um seine Schützen zu bestimmen. Bei Schneckland – so erzählte Schnekkodas später – wollte beinahe jeder schießen. Der Push durch die Fans und all die Unterstützung im ganzen Land berauschte die Spieler geradezu. Und genauso schossen sie auch die Elfmeter, während Fantasio der selbsterfüllenden Prophezeiung wieder einmal erlag. Burg Daunenfels‘ Schneckdrée, Laufwunder pur trotz des Alters, donnerte den ersten Elfmeter mit einer Selbstverständlichkeit in den Winkel, die ein Zeichen an alle setzte: Niemand zweifelt jetzt. Und sie hatten das Faustpfand des Torhüters. Schnikéle Schneccoretto lenkte den Schuss von Salamanca glänzend um den Pfosten, Schnecklich tobte. Schneckkarl Schneckovo verlud Lamenosa und erhöhte auf 2:0, der Druck auf Fantasio wuchs jetzt mit jeder Sekunde. Und das wirkte, Schneccorettos Fußabwehr gegen de Marzo ließ fast das Dach wegfliegen. Beinahe hätte es Käpt’n Plansch dann zu genau gemacht, der Innenpfosten war jedoch im Bunde und besorgte das 3:0. Damit war das Spiel eigentlich entschieden. Pokryta verlängerte Fantasios Siechtum mit seinem verwandelten Elfmeter lediglich. Mit Schnekki Laudas überlegtem Schuss ins rechte Eck brachen alle schneckländischen Dämme. Nur mit Mühe konnten die Ordner einen Platzsturm verhindern, erst an den Werbebanden konnte die jubelnde Masse aufgehalten werden. Es war ein wahres Freudenmeer. Auf den Tribünen tanzte der Teufel, auf dem Rasen waren die Spieler einzeln nicht mehr zu erkennen, es waren ineinander verknotete, überglückliche Sieger. Schnikaél Schnekkodas blickte ungläubig drein und wurde minutenlang von Stab und Spielern geherzt. Schnecklands Kanzler Schneckor Schneckich konnte sein Glück auf der Tribüne kaum fassen und nahm entgeistert die Glückwünsche der Offiziellen entgegen. Um 0:07 stemmte Schneckkarl Schneckovo den 23 Kilo schweren Silberpokal in die Höhe. Das Konfetti regnete vom Schnecklicher Himmel herab und nachdem jeder das Objekt der Begierde mindestens einmal hochleben durfte ging der erste Gang zu den Fans, die hinter provisorisch aufgebauten Banden sehnsüchtig warteten und zusammen mit den Spielern feierten. Es waren unglaubliche Szenen. Das erste Mal seit 1802 konnte eine Nationalmannschaft wieder einen Titel im eigenen Land feiern. Auch auf den anderen Kontinenten hatte es dies seitdem nicht gegeben. Schneckland wiederholte damit den Triumph aus 1800 gegen denselben Gegner und auf dieselbe Weise. So war es symbolträchtig, dass ausgerechnet der letzte Schütze des damaligen Elfmeterschießens und ehemaliger Phoenix-Verteidiger Schneckilya Schnecktos den Pokal überreichte. Auch ihm standen die Tränen im Gesicht. Und so erging es den meisten auf schneckländischer Seite.

Auf der anderen Seite herrschte Resignation. Für viele Spieler war es wohl das letzte Turnier im fantasischen Nationaltrikot. Einige wie Gabór Pokryta, Armando Puntera und Fernando Forro haben bereits vor der TM angekündigt, im Anschluss aus der Nationalmannschaft zurückzutreten. Bei anderen wie Felipe Marconato, Tomas Coppe oder Roberto Villar scheint eine Teilnahme bei der WM 1826 indes fraglich. Es ist eine Verlierer-Generation, so nannten sie sich im Anschluss sogar teilweise selbst. „Wir müssen deutlich gestehen: Wir können es einfach nicht. Wir sind immer nur dann gut, wenn wir nicht um eine Trophäe spielen“, bekundete Puntera nachher zynisch. Auch allgemein herrschten weniger Frust und Traurigkeit als vielmehr Sarkasmus und Fatalismus. Alfredo de la Triche, für den es erst das erste Turnier als Trainer Fantasios war, will nach eigenen Aussagen weitermachen. Vermutlich wird sich um Spieler wie Pellegrino, Monier und Salamanca eine komplett neue Mannschaft gebildet werden. Aber die fantasische Fußballseele ist zu geschunden, um ihnen derzeit Hoffnung machen zu können. Viele Fans sagten später, sie wollten die nächsten Jahrzehnte überhaupt keine Finals mehr erreichen.

Schneckland dagegen befindet sich in einem nationalen Glückszustand. Auch hier wird es einen großen Umbruch geben, doch gehen die Spieler im Gegensatz zu Fantasio als Helden. Lasse Gewinnen, Mika Schnäkkinen, Schnekki Lauda, Käpt’n Plansch und auch Schnikéle Schneccoretto, letzterer mit gar 41 Jahren der älteste Spieler des Turniers, werden ihre Karriere beenden und verlassen die Nationalmannschaft auf dem absoluten Höhepunkt. Die meisten Spieler hatten bisher nur Enttäuschungen durchleben müssen, manchmal sogar Turniere vor dem Fernseher aus verfolgen müssen. Dieser Titel ist die größte Überraschung seit dem Sensationstitel von Charymoyebso aus dem Jahr 1804. Eine Mannschaft, die man aufgrund der Auslosung auch durchaus schon in der Gruppenphase ausscheiden sehen konnte, steigerte sich in einen wahren Glücksrausch hinein. Die Stimmung im ganzen Land war eine lange nicht mehr da gewesene Ausgelassenheit und Positivität. Auf den Straßen dominierten Autokorsos, Autobahnen mussten gesperrt werden, Parks waren mit feiernden Menschen geflutet und die Innenstädte verwandelten sich in ein einziges Volksfest. Am Samstag stieg dann die große Siegesparade auf dem Unabhängigkeitsplatz im Schnecklicher Viertel Purpurstadt. Zunächst bewegte sich der Mannschaftsbus im Schritttempo durch die Stadt, der Weg gesäumt von benebelten Fans. Am Platz angekommen gab es eine große Feier vor schätzungsweise 300 000 Menschen. Ohnehin wirkte es so, als wären alle der rund 5 Millionen Einwohner Teil der Siegesfeier. Gratulationen gab es aus allen Teilen der Welt, auch auf den anderen Kontinenten wurde der Triumph des TM-Gastgebers wahrgenommen und wohlwollend beschrieben. Die sprichwörtliche „einmalige Chance“ war auch im wörtlichen Sinne für die meisten Spieler eine solche und genau so wurde es zelebriert.

Neben der irren Geschichte des Titelträgers bleiben aber auch noch viele weitere Eindrücke der TM 1824. Allen voran das Viertelfinale mit zwei deutlichen Siegen der späteren Finalisten aber besonders die „Völkerschlacht von Schneckdies“ im ersten Aufeinandertreffen von Julsavien und Kalavien seit Ausbruch des Erkietenland-Krieges 1811/12 bleibt in denkwürdiger Erinnerung. Das dritte meadowhousiche Aus gegen Grünland bei einer TM, diesmal in der Verlängerung, war ebenfalls eines der erinnerungswürdigsten Spiele des Turniers. Es war ein torreiches Turnier, die meisten Mannschaften wollten in erster Linie Tore schießen statt welche zu verhindern. Die Atmosphäre in den Stadien war famos, lediglich drei Spiele waren nicht restlos ausverkauft. Ohnehin versprühten die Stadien einen ganz besonderen Flair. Vor allem die Spiele im alten, zerklüfteten Schneckziger Stadion waren schon optisch lohnenswert. Schneckland erwies sich nicht nur als würdiger Gewinner, sondern auch als hervorragender Gastgeber. Die Gastfreundlichkeit war über die Maßen zu spüren und das gemeinsame Feiern des Sports, was oft eine reine Utopie bleibt, gab es hier tatsächlich. Neben Schnecklands Triumph gab es jedoch wenige große positive Überraschungen, lediglich Transanien und Kalavien spielten etwas über den Erwartungen. Enttäuschungen waren neben Meadowhouse besonders Dagobinien und Atlantis, mit Einschränkungen auch Whale.

Jeder weitere Gastgeber wird sich an dieser TM messen lassen müssen. Schneckland hat Maßstäbe in Sachen Organisation, Atmosphäre und Gastfreundschaft gesetzt, selbst in der Nacht der Ausschreitungen in Schneckdies. Die Vergabe der TM 1828 läuft aktuell bereits und geht in die Finalrunde. Mögliche Gastgeber sind dann Westparadies, die Tschechoslowakei, Gallertland und – Meadowhouse.