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Schneckenrennen stellt sich am Vorbild Kugelbahnen neu auf

Lange war es still geworden um die früher überaus beliebte Sportart des Schneckenrennens, die nach einigen Dopingskandalen erheblich an Ansehen eingebüßt hatte. Nun stellt sich der Verband neu auf und will in die kommende Saison mit einem neuen Wettbewerbskonzept gehen, welches sich unter Anderem am meadowhousischen Vorbild Kugelbahnen orientiert.

Mittlerweile sind sie eher als schneckländische Fußballhelden, denn als Schneckenrennchampions im kollektiven Gedächtnis. Stars wie Lasse Gewinnen, Käpt’n Plansch oder Schnikéle Schneccoretto holten vor wenigen Wochen erst den sensationellen Titanienmeistertitel im eigenen Land. Doch lange waren sie vor allem als Schneckrenner bekannt, die die schneckländischen Stadien mit teilweise über 60 000 Fans füllten. Zahlreiche Doping- und Korruptionsskandale erschütterten schließlich in den Jahren 1808 bis 1811 den Schneckenrennsport und verwandelten den ehemaligen Breitensport in eine Nischenveranstaltung. Zuletzt betrugen die ausländischen Einschaltquoten gerade einmal ein Zehntel des Niveaus von 1807. Nun jedoch gibt es Licht am Ende des Tunnels. Der Schneckenrennverband hatte zuletzt in seinem Venutier in immer höherer Frequenz getagt und ein neues Wettbewerbskonzept erarbeitet. Es sieht vor, den Modus zu reformieren und dabei Sportarten wie Kugelbahnen oder Darts näherzukommen. So sagte Schneckenrennpräsident Carlos Schneckius: „Es ist für uns unabdingbar geworden, tiefgreifende Reformen anzustreben. Wir erhoffen uns ein höheres Interesse am Sport, härtere Wettkampfbedingungen, sowie einen Reputationsgewinn durch hohe Transparenz.“

Der neue Modus sieht ein Satzkonstrukt ähnlich beim Tennis oder Darts vor. So soll es wie beim Kugelbahnen Runden geben, die aus mehreren Läufen bestehen und zwischen denen es eine Pause gibt. Beim Kugelbahnen sind es 9 Runden mit jeweils drei Durchgängen, was eine Gesamtanzahl an 27 Läufen ergibt. Beim Schneckenrennen sollen nun 5 Runden mit jeweils 5 Läufen stattfinden. Anders als beim Kugelbahnen jedoch soll es für jede Runde bzw. Satz einen Sieger geben, der seinen Satzgewinn dann verbuchen kann. Gibt es einen Gleichstand in einem Satz von beispielsweise 2:2 gewonnenen Läufen, entscheidet die kumulierte Rennzeit über den Satzgewinn.

Darüber hinaus soll es eine höhere Durchlässigkeit für den früher so elitären und abgeschotteten Schneckenrennzirkel geben. Dazu werden immer am Tag des eigentlichen Rennens Qualifikationen ausgetragen. An diesen nehmen dann auch Läufer teil, die sich vorher in regionalen Ausscheidewettbewerben empfehlen konnten. Versagt ein gesetzter Teilnehmer in der Qualifikation, so kann er am darauffolgenden Wettkampftag nicht teilnehmen. Das soll eine höhere Durchlässigkeit sowie stärkeren Leistungsdruck hervorrufen. Zudem würden so auch jungen Schnecken die Möglichkeit einer Teilnahme am prestigeträchtigsten Sport Schnecklands ermöglicht. „Wir gewinnen somit in der Breite und fördern den Sport nachhaltig, in dem wir die Türen immer offen haben und nicht nur einmal in der Saisonvorbereitung“, so Schneckius. Eine weitere Neuerung ist die Transparenz bei Dopingproben. Die Proben werden von jedem Teilnehmer eine halbe Stunde vor dem Start genommen und zwar live in der TV-Übertragung. Dies geschieht mithilfe einer neuen Technik zur Dopingkontrolle aus der Roboterwelt. „Die Athleten müssen weder Urin- noch Blutproben abgeben, sondern werden ganz einfach gescannt“, erklärt Schneckius. Dazu müssen sie durch einen Scanner, der ähnlich denen an Flughäfen sei. „Findet der Scan eine unzulässige Substanz oder einen erhöhten Wert einer Substanz, schlägt er an.“ Das erhöht den sozialen Druck für die Schnecken, auf jegliche Art von Doping zu verzichten. Zudem erkenne der Scan auch, ob die Schnecke wettkampftauglich ist. „Liegt eine Erkrankung vor oder verdächtige Indikationen wie abnormale Nieren- oder Leberwerte, wird ebenfalls angeschlagen, allerdings klar unterscheidbar zum Vorliegen eines positiven Dopingbefundes“, erklärt der Schneckenrennpräsident. So werde man höchsten Ansprüchen an Transparenz, Glaubwürdigkeit, aber auch Sicherheit der Schnecken gerecht. Diese Ansprüche müsse man aufgrund der jüngeren Vergangenheit auch stellen, führte Schneckius unumwunden aus.

Nichts geändert hat sich allerdings bei der Anzahl der Teilnehmer eines jeweiligen Wettkampfs. Weiterhin werden sechs Athleten gegeneinander antreten, in welcher Zusammensetzung ergibt allerdings erst die vorherige Qualifikation. Es gibt jedoch für den ersten Renntag sechs gesetzte Schnecken, die sich im Laufe des vergangenen Jahres über die Tour de Schneck und weitere Ausscheidungsturniere einen festen Startplatz sichern konnten. Die Schnecken heißen:

  • Rubens Schneckichello                              Startnr. 1
  • Juan Schnecklo Schnecktoya                     Startnr. 2
  • Mark Schnebber                                        Startnr. 3
  • David Schneckhard                                    Startnr. 4
  • Felipe Schneckssa                                    Startnr. 5
  • Schleimi Schneckkönen                             Startnr. 6

Als Favorit gilt Rubens Schneckichello, der sich im Vorausscheid 1823 mit sieben Einzelsiegen und einem Jahresrekord von 35,41 Sekunden die Bestplatzierung sichern konnte. Ebenfalls stark eingeschätzt werden David Schneckhard und Schleimi Schnekkönen. Schnecktoya, Schnebber und Schneckssa werden eher Außenseiterchancen eingeräumt. Von den Herausforderern wird sich wohl erst im Laufe der Tour de Schneck ein ernst zu nehmender Kandidat herauskristallisieren.

Die Spielzeit solle nach wie vor über etwas mehr als ein halbes Jahr gehen. Dabei ist Start der Tour immer im September, das Ende soll im April bis Anfang Mai sein. Aus meadowhousischer Sicht ergibt sich damit ein sehr großes Potenzial für die sonntäglichen Sportfans, da die Kugelbahnsaison fast genau im anderen Halbjahr stattfindet. Somit würden die beiden Wettbewerbe nur für einige Wochen um die Gunst des Fernsehpublikums konkurrieren. Die Spielorte bleiben weiterhin rein schneckländisch. „Wir wissen um das Marktpotenzial insbesondere im klassischen Teil der Lieben Welt, wollen allerdings weiterhin lokal verwurzelt bleiben. Man würde Buddhyball ja auch nicht in Florenz austragen“, stellte Schneckius klar. Den ausländischen Fernsehanstalten habe man darüber hinaus ein überaus preiswertes Angebot für die Rechte zur Übertragung gemacht. So ist es laut Recherchen des Morgengespenstes in Zusammenarbeit mit der schneckländischen Postschnecke wohl möglich, über den Streamingdienst MeadowSport für bereits 10 Tropale im Monat die Tour de Schneck in vollem Umfang zu verfolgen, inklusive Vor- und Nachberichterstattung. Bisher war die Tour in Meadowhouse nicht mehr empfangbar, nachdem der Schneckenrennverband aufgrund der Sponsorenausfälle im Zuge der Dopingskandale die TV-Preise massiv angezogen hatte. Damit solle nun Schluss sein, was insbesondere auch durch die Hilfe des Sportdromorniss Dagobert Duck möglich geworden sei. „Der Sportdromorniss hat mit seinem Aufbauprogramm für lokale Sportphänomene ein wichtiges Instrument zur Stärkung des Breitensports geschaffen“, lobt der studierte Arzt Schneckius, der letztes Jahr noch als Gegenkandidat für Gesundheitsdromorniss Schäffke gescheitert war. Das Aufbauprogramm stellt bis 1827 weltweit rund 170 Milliarden Schillinge zur Förderung lokaler und identitätsstiftender Sportarten zur Verfügung, von der der Schneckenrennverband nun ca. 15 Milliarden Schillinge abrufen konnte. „Dadurch war es uns nun möglich, dem Publikum sowohl preiswerte Tickets, als auch preiswerte TV-Übertragungen anzubieten.“ Die Eintrittskarten sollen zwischen 12 und 40 Schillingen kosten. Die Austragungsorte sind weiterhin die bekannten Schneckenrennstadien. Das Tourfinale findet wie früher auch in der Schnecklicher Königsarena statt.

Für Nostalgiker lohnt sich besonders ein Blick auf die Trainergarde. Die Schneckenrennikone der 1790er-Jahre Schneckie Schneckloz trainiert seit 1822 Felipe Schneckssa. Und auch der frisch gekürte Fußballtitanienmeister Lasse Gewinnen ist vertreten, er trainiert seit ein paar Wochen erst Mark Schnebber, wie er ebenfalls eine Wasserschnecke. Die Neuerungen sollen dafür sorgen, dass der Schneckenrennverband wieder durch positive Schlagzeilen auf sich aufmerksam macht und auch das internationale Auge wieder mehr auf den Schneckenrennsport lenkt. Der Zeitpunkt dafür scheint günstig, ist das Land doch gerade erst durch sportlichen Erfolg und vor allem durch eine ansteckende Euphorie der Einwohner in aller Munde. Aber ein gewisser wirtschaftlicher Druck existiert inzwischen auch. Selbst in Schneckland waren sowohl die Stadienauslastung als auch die Einschaltquoten auf ein Allzeittief gefallen. Der Schneckenrennverband kämpft mit Zahlungsverpflichtungen aus den Skandalen, bis 1850 müssen noch insgesamt 22 Milliarden Schillinge berappt werden. Somit ist die Förderung aus dem Weltpalast wohl eher als Kickstart zu betrachten. Besonders, da von den 15 Milliarden wohl mindestens 8 Milliarden als Kredit gewährt wurden, inklusive Zinsen. Nicht nur die persönliche Zukunft von Carlos Schneckius, sondern vielleicht auch die gesamte Zukunft des Sports scheinen jetzt vom Gelingen der Reform abzuhängen.